Von den Kelten bis heute
Ein bisschen Hofener Geschichte
(Auszug aus der Festschrift zum 75. Jubiläum / von Bertram Schleicher)
Möchten Sie Hofen etwas näher kennen lernen ? Etwas über die Entwicklung erfahren ?
Dann möchten wir Sie einladen, uns auf einem kleinen und unterhaltsamen Spaziergang durch seine Geschichte zu begleiten.
Beginnen wir unseren Rundgang durch die Jahrhunderte dort wo alles angefangen hat, bei der Gründung: Wer sich als erster (und wann) an diesem idylischen Plätzchen niederließ, liegt im tiefsten geschichtlichen Dunkel.
Die ersten Spuren hinterließen die Kelten in den Jahrhunderten vor Christus. Dann, etwa ab 85 n. Chr., kamen die Römer und bauten auf der jetzigen Hofener Markung ein paar Häuser und Wachtürme. Sie blieben aber nicht lange, denn schon 175 Jahre später wurden sie von den Alemannen vertrieben. Diese verweilten noch kürzer, denn sie siedelten nicht, sondern beschränkten den Beweis ihrer Anwesenheit darauf, die römische Niederlassung zu zerstören und zogen weiter.
Danach war es erst mal ein paar Jahrhunderte siedlungspolitisch ruhig auf Hofener Gebiet. Dies änderte sich dann, als ab dem 6. Jahrhundert die Franken mehr und mehr vom Neckarraum Besitz ergriffen. Irgendwann in dieser Zeit – so zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert – datiert denn auch die Gründung des heutigen Hofens.
Wie alle Adeligen dieser Tage, so “bauten” auch dann die Herren von Hoven sich sehr bald eine Burg. Zuerst aus Holz nur, aber schon ein paar Jahrzehnte später entschieden sie sich für eine etwas solider befestigte Steinburg auf einer dem Neckar zu vorspringenden Felsplatte.
Im Jahr 1120 schließlich wird das Dorf zum ersten (bekannten) Mal urkundlich erwähnt : In einer Verkaufsurkunde, unterzeichnet vom “Conradus von Wirdenberch”. Aus dieser geht auch hervor, dass die Hovener zu dieser Zeit Lehnsherren der “Wirdenbercher” waren. (Aus diesem Grafengeschlecht sollte später das ehemalige Herrscherhaus Württemberg hervorgehen !)
Das Geschlecht derer von Hoven bestimmte noch über zwei Jahrhunderte die Geschicke der Gegend. Noch im Jahre 1361 unterzeichnete ein Herr Luithart ein Dokument, verstarb aber bald darauf und mit ihm verschwand der letzte derer von Hoven. Der Besitz fiel an den Grafen von Württemberg.
Aber Graf Eberhard (genannt “der Greiner”) hatte anscheinend kein sonderliches Interesse daran und tauschte Burg und Dorf Hofen (zusammen mit Mühlhausen und Öffingen) sehr bald gegen andere Ländereien. Das Gebiet ging an den Grafen Reinhard von Neuhausen.
Ende des 14. Jahrhunderts, also nur einige Jahre nach dem Tausch, wurde die Burg Hofen im Städtekrieg zwischen dem Grafen Eberhard und den Reichsstädten zerstört. An ihrer Stelle bauten später die Herren von Neuhausen eine andere, die, soweit man das heute noch sagen kann, ein imposantes Bauwerk gewesen sein dürfte.
Abgesehen von diesem etwas unschönen Einstand der neuen Herren, brachten die (- im Gegensatz zu den Württembergern – ) recht friedfertigen Grafen von Neuhausen den Hofenern zweieinhalb Jahrhunderte friedlicher Entwicklung. Und da die “Neuhäuser” nicht nur friedlich, sondern auch gut katholisch waren, wurde das somit auch katholisch bleibende Hofen in erster Linie nur dadurch von dem Durcheinander der Reformation berührt, daß viele , die katholisch bleiben wollten, in die beiden, mitten im evangelischen Württemberg liegenden, katholischen Enklaven Hofen und Öffingen flüchteten. Hier fanden sie religiöses Asyl.
Diese “jahrhundertelange Idylle”wurde dann in den Jahren 1618 – 48 recht jäh von den Schrecken des 30jährigen Kriegs beendet. Diese Schrecken trafen das kleine Dorf mit voller Härte und nach 30 Jahren Seuchen und Plünderungen waren viele der Bewohner tot, der größte Teil der Häuser niedergebrannt und die Burg zerstört. (Sie wurde nie wieder aufgebaut. Ihre Ruine steht unter Denkmalschutz.) Aus den Trümmern der Burg erbaute man zu großen Teilen im Jahr 1783 die St. Barbara Kirche.
Nach 384 Jahren “Neuhäuser Herrschaft” gelangte Hofen schließlich wieder zu Württemberg. Der damalige Regent Württembergs in Stuttgart, Herzog Karl Eugen, war katholisch, Hofen war katholisch und er interessierte sich (im Gegensatz zum Grafen Eberhard) für diese glaubensbrüderliche Gegend im streng puritanischen Württemberg. Als der letzte “Neuhäuser” der Hofener Linie starb, kaufte er “Dorf und Schloß Hofen mit allem Zubehör”.
Und er erweckte Hofen aus seinem ruhigen und beschaulichen “Dornröschenschlaf”. Er weilte oft – mit und ohne Hofstaat – in Hofen, vor allem im Gasthaus “Zum Adler” (im 2. Weltkrieg zerstört), wo er unter anderem mit dem Dichter Schubart und dessen trinkfreudigem Freund, dem Hofschieferdecker Baur, so manche Flasche leerte und auch bei Hochzeiten und anderen Festen Volksnähe zeigte.
Aber er feierte nicht nur in Hofen. In den Jahren 1783 bis 1786 ließ er ein Militärwaisenhaus im “Schlößchen” errichten und gründete 1786 eine, damals neu aufkommende Normalschule, welche er sehr umhegte. Und er ließ viele seiner katholischen Hofangestellten hier in Hofen begraben.
Hier sei angemerkt, daß Hofen von 1753 bis 1803 der einzige katholische Ort in Württemberg war.
Als Herzog Karl Eugen starb versank Hofen wieder im stillen Dornröschenschlaf.
Aber es wurde wieder einmal jäh aus dem Schlaf gerissen. Die Revolutionskriege brausten über das Land hinweg, die napoleonischen Kriege folgten, und erst nach 20 Jahren, im Jahre 1815, ertönte der langersehnte Ruf “FRIEDE”.
Aber der Friede dauerte nicht ewig, denn nach den Revolutionskriegen folgte eine andere Revolution: die industrielle! Sie berührte Hofen nicht direkt, denn die beengte Tallage erlaubte keine industrielle Ausdehnung. Die Nähe zur expandierenden Industriestadt Stuttgart jedoch bewirkte auch im damals noch eigenständigen Hofen tiefe Veränderungen. Denn eine Industrie benötigt Arbeiter und Arbeiter benötigen Wohnungen und Wohnungen benötigen Platz.
Vorerst aber blieben die Hofener was sie schon immer waren: Bauern, Weingärtner und Handwerker. Schließlich wurden aber auch sie von der Zeit eingeholt, und es waren nicht immer angenehme Neuerungen, die über das kleine Dorf hereinbrachen. Die eigentlichen Veränderungen bewirkten weniger die beiden Weltkriege, die Schrecken und Elend verbreiteten; auch nicht die Jahre der Weimarer Republik oder gar die etwas braunen Jahre danach. Die größte Umwälzung war die industrielle Expansion der Nachkriegszeit.
Wie schon einmal erwähnt, benötigte man Platz für Wohnungen und Platz für die Industrie. Das Steinhaldenfeld wurde gebaut, der Max-Eyth-See angelegt und damit ging Ackerboden verloren. Damit einher ging die Eingemeindung in die Industrie-Großstadt Stuttgart. Die Lebensgrundlagen für die “Moschtbäuerle und Wengerter” schwanden und sie mußten sich Arbeit in der nahen Stadt suchen. Aus dem Dorf Hofen wurde die Gemeinde Stuttgart-Hofen, oder wie Eingeweihte sagen: “Stuttgart bei Hofen”.
Und so entstand das was wir heute Hofen nennen :
Aus den 1000 Einwohnern im Jahre 1922 wurden weit über 5000, aus dem Dorf wurde eine moderne Siedlung mit allen Vor- und Nachteilen, mit modernen Wohnungen und den Annehmlichkeiten der modernen Zeit, aber auch mit Problemen wie Verkehrslärm und Umweltverschmutzung.
Das Dornröschen wandelte sich zum aufgeschlossenen Teenager. Aber trotz industrieller Revolution, trotz den Verwüstungen des 2. Weltkrieges, konnte ein Teil des alten, dörflichen Hofens erhalten werden. Noch immer steht neben dem neuen Hofen der alte Ortsteil mit seinen zwar nicht immer schönen, aber doch alten Häusern und engen (jeder Autofahrer wird das gerne bestätigen), manchmal schon sehr engen Straßen und Gassen. Und noch immer gibt es alte Hofener und neue die alte sein könnten. Noch immer gibt es die Feste und sie werden sogar mehr.
Und es gibt den Scillawald, der nicht nur während der Blüte der Blausterne (Sternhyazinthe) ein beliebtes Wanderziel ist. Auch der vor einigen Jahren neu angelegt Max-Eyth-See lockt an schönen Wochenenden viele Tausende als Naherholungsziel.
So, nun wären wir wieder am Anfang angelangt, in (Stuttgart-) Hofen, dem kleinen Dorf und der modernen Vorstadtgemeinde der Hauptstadt des “schwäbischen Musterländles”.